HER2/positiver Brustkrebs: Tandem-Therapie lässt Tumore schrumpfen

17. März 2016

In Deutschland erkranken nach Angaben des Robert-Koch-Instituts pro Jahr 74.000 Frauen an Brustkrebs. Bei etwa 10 bis 15 Prozent der Patientinnen diagnostizieren die Ärzte eine besonders aggressive Tumorvariante, nämlich HER2/neu positiven Brustkrebs. Tumore, die den Her2/neu Rezeptor ausbilden, neigen zu schnellem Wachstum und die Krebszellen dringen sofort in das umliegende Gewebe ein. Die betroffenen Frauen erhalten deshalb nach der operativen Entfernung des Tumors eine Chemotherapie und seit 2000 auch zusätzlich Trastuzumab. Englische Krebsforscher von der Universität Manchester haben kürzlich auf der European Breast Cancer Conference in Amsterdam eine neue Therapieoption vorgestellt, die diesen Patientinnen vielleicht künftig die sonst übliche Chemotherapie ersparen kann.

Im Rahmen einer Pilotstudie (EPHOS B-Studie), an der insgesamt 257 Frauen teilnahmen, bei denen gerade ein operabler HER/2 neu positiver Tumor diagnostiziert worden war, behandelte das Ärzteeam um Prof. Nigel Bundred  behandelte die Patientinnen mit einer Kombination aus Lapitinib und Trastuzumab. Dabei zeigte sich, dass sich durch die Tandem-Therapie mit beiden Antikörpern die Teilung der Krebszellen verhindern und das Tumorwachstum stoppen ließ.  Elf Tage nach der Behandlung war der Tumor bei 11 Prozent der Patientinnen ganz verschwunden, bei 17 Prozent waren nur noch geringe Spuren des Krebses nachzuweisen.

Für die Studie wurden die Patientinnen nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen eingeteilt: In einem Studienarm hatten die Frauen zunächst am ersten und achten Tag vor der Operation eine Behandlung mit Trastuzumab, im zweiten eine Monotherapie mit Lapatinib erhalten. Die Übrigen wurden in eine Kontrollgruppe eingeschlossen.  Die Patientinnen, die zunächst nur mit Lapitinib behandelt wurden, bekamen im weiteren Studienverlauf zusätzlich auch Trastuzumab. Bereits in früheren Untersuchungen hatte sich gezeigt, dass die Kombi-Therapie die Wirkung beider Antikörper verstärken kann.  Zwischen dem Behandlungsbeginn und der Operation lagen 11 Tage.

Anschließend beurteilten die Wissenschaftler anhand der Operationspräparate die Unterschiede der Therapiewirksamkeit. Bei Patientinnen, die nur mit Trastuzumab oder Lapatinib behandelt worden waren, zeigte sich nur  bei einer Frau eine pathologische Kom-plettremission (pCR); denn es fanden sich keine Tumorzellen mehr im Operationspräparat. Bei einer zweiten Frau hatte sich der Tumor stark zurückgebildet (MDR=minimale Resterkrankung mit einer Tumorgröße von weniger als fünf Millimetern). Bei Frauen, die die Kombinations-therapie mit beiden Antikörpern erhalten  hatte, zeigte sich ein ganz anderes Bild:  Bei sieben Patientinnen (10,6 Prozent) war der Tumor komplett verschwunden, bei 11 weiteren hatte sich das Karzinom stark verkleinert  (MDR).

Nach Auskunft von Prof. Bundred lässt sich aus dem Verschwinden bzw. der Verringerung der der Tumorgröße, die auch mit einer Verminderung des Proliferationsmarkers Ki67 einherging, nicht ableiten, dass diese Frauen zum Zeitpunkt der Operation  bereits von Brustkrebs geheilt waren.  Denn es ist immer noch möglich, dass vereinzelte Tumorzellen in den Lymphbahnen überlebt haben und den Tumor erneut wachsen lassen. Ob die neue Behandlungsoption künftig einigen Patientinnen eine Chemotherapie ersparen kann, muss nach Einschätzung der englischen Wissenschafter jetzt in weiteren Studien geklärt werden.(akk)

Literatur: Nigel Bundred et al.: 6 LBA.“Effects of perioperative lapatinib and trastuzumab, alone and in combination, in early HER2+ breast cancer – the UK EPHOS-B trial (CRUK/08/002)”, Thursday, Clinical science symposium: HER2 positive breast cancer, 16.00-17.30hrs, Elicium.