Sehen wir uns morgen?

Sehen wir uns morgen? - von Alice Kuipers

 Rezension von Annette Kruse-Keirath
Ein Jugendroman, der sich mit dem Thema „Brustkrebs“ befasst -  keine zwangsläufige Verbindung! In der Tat: Die Autorin Alice Kuipers hat ein ganz ungewöhnliches Buch vorgelegt – in Inhalt und Form: Eine sensible Mutter-Tochter-Geschichte – aufgeschrieben auf kleinen Notizzetteln, die beide an den Kühlschrank heften.
Die Tochter, Claire, ist ein ganz normaler Teenager –  unbeschwert  - mit den üblichen Pubertäts- und Schulproblemen. Die Mutter – eine Hebamme, ist häufig nachts im Einsatz und selten zuhause.  Da beide ständig unterwegs sind, tauschen sie oft nur auf den kleinen Kühlschrankzetteln wichtige Nachrichten aus: Einkaufslisten, Schulnoten, Berichte aus der Klinik.
Ganz beiläufig erwähnt die Mutter einen Routinebesuch beim Arzt. Claire ist beunruhigt, denn ihre Mutter ist keine „Arztgängerin“. Aus der bösen Vorahnung – ein harmloser Knoten - wird schnell Gewissheit: Claires Mutter hat Brustkrebs. Damit gerät Claires Welt aus den Fugen.
Die Zettel-Kommunikation berichtet von der Sprachlosigkeit der Mutter und der Unsicherheit und Wut der Tochter, die das „Schutzschweigen“ der Mutter ertragen kann und verzweifelt nach Antworten sucht. Sie zeigt aber auch, wie die Beziehung zwischen beiden intensiver, sensibler und menschlich reifer wird. Claire wird während der Therapie der Mutter plötzlich erwachsen. Sie lernt, einfühlsam auf die Bedürfnisse ihrer Mutter einzugehen, und übernimmt Verantwortung für sich selbst.
Für Mutter wie Tochter wird das Durchleben der Erkrankung zu einer wichtigen, Erfahrung, an der sie gemeinsam wachsen. Die kranke Mutter wird zum Vorbild für Claire, die auf einen Kühlschrankzettel schreibt: „Ich kann versuchen zu vergessen, wie schwer es am Ende für dich war; aber ich werde niemals vergessen, wie stark und mutig du gewesen bist,  Mama. ..Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mit Dir gehabt. Aber ich bin dankbar für die Zeit die wir hatten.“
Alice Kuiper’s Buch ist keine „Krebsgeschichte“. Es ist ein Plädoyer dafür, sich nicht erst dann, wenn eine Krankheit Zeit kostbar werden lässt, Zeit füreinander zu nehmen und gemeinsam zu leben. Urteil: Lesenswert – nicht nur für Jugendliche! (Annette Kruse-Keirath)


Alice Kuipers: Sehen wir uns morgen, Krüger Verlag, Frankfurt 2007
ISBN 978-3-8105-1063-1, Taschenbuch: 7,95 €