Nebenwirkungen der zielgerichteten Krebstherapie - „Blühende Haut“, Hautjucken, Ekzeme, Haarausfall

20. Juli 2013

Um Krebspatienten die Belastungen und Nebenwirkungen einer Chemotherapie zu ersparen, werden heute oft Medikamente (z.B. monoklonale Antikörper oder EGFR-Inhibitoren) eingesetzt, die zielgerichtet und passgenau nur die Krebszellen angreifen (targeted therapy).  

Vor Einsatz dieser Substanzen erfahren die Patienten allerdings häufig nicht, dass gerade diese Behandlungsform zu belastenden Hautveränderungen führen kann. Wie Dr. Alex C. Rosen vom Sloan-Kettering Cancer Center in New York und sein Team herausfanden, traten unter einer Targeted Therapie deutlich mehr Hautprobleme als bei einer Chemo- oder Strahlentherapie auf.  Die New Yorker Ärzte hatten insgesamt 283 Krebspatienten schriftlich zu den Belastungen und Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität durch Hautprobleme befragt.  Der Fragebogen deckte dabei drei Bereiche ab: Symptome, emotionale Wahrnehmung und Funktion. Die Auswertungsskale umfasste 96 Punkte – hohe Punktwerte stehen für eine schlechtere Lebensqualität.  Patienten, die mit mindestens einer Target- Substanz wurden,  erreichten im Durchschnitt 42 Punkte, diejenigen mit einer konventionellen Therapie (Chemo, Strahlenbehandlung) nur 33 Punkte.  Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war vor allem auf die „gefühlten Symptome“ zurückzuführen (50 Punkte bei targeted therapy, 38 Punkte anderer Behandlung). 

Die Patienten litten bei zielgerichteter Therapie vor allem unter Juckreiz und großflächigen Hautausschlägen (Exanthemen) mit Pustelbildung. Fast alle befragten Patienten berichteten über diese Hautveränderungen. Weitere Probleme waren das Hand-Fuß-Syndrom, trockene Haut (Xerodermie) sowie Haarausfall und Nagel- und Schleimhautveränderungen.

Die Studie, der Ergebnisse kürzlich im American Journal of Clinical Dermatology veröffentlicht wurde, zeigte auch:  Die Lebensqualität der Krebspatienten verschlechterte sich mit der Anzahl der Hautveränderungen. Mehr als drei Viertel der Patienten unter Targeted Therapy litten unter mindestens zwei dermatologischen Diagnosen. Auch bei 50 Prozent der Patienten, die konventionell behandelt werden, treten mindestens zwei der genannten Hautprobleme auf. Bei 18 Prozent der Patienten mit zielgerichteter Therapie sind es sogar vier und mehr Nebenwirkungen im Hautbereich (konventionelle Behandlung: zwei Prozent).

Die  amerikanischen Wissenschaftler führen die hautschädigende Wirkung der Targeted Therapie darauf zurück, dass es z.B. die Blockade des EGFR Signalpfads dazu führt, dass sich vermehrt Zellen bilden, die Keratin (Hornhaut) bilden und zwar nicht nur in den obersten Hautschichten (Epidermis), sondern auch in den Haarfolikeln und an den Nägeln. Die Forscher beklagen ein Informations-und Aufklärungsdefizit bei den Patienten. Die meisten Krebspatienten, so Dr. Rosen, rechnen nicht mit Hautproblemen als Nebenwirkungen einer zielgerichteten Therapie.  Die behandelnden Ärzte, so das Fazit der Studiengruppe, müssten die Patienten viel intensiver darüber informieren, dass in Folge einer zielgerichteten Therapie solche Hautprobleme auftreten können. Denn gerade diese beeinträchtigen die „gefühlte Lebensqualität“ der Patienten weitaus stärker als alle anderen Nebenwirkungen der Therapie. (akk)

Literatur:

Rosen AC, Case EC, Dusza SW, Balagula Y, Gordon J, West DP, Lacouture ME.: Impact of Dermatologic Adverse Events on Quality of Life in 283 Cancer Patients: A Questionnaire Study in a Dermatology Referral Clinic., Am J Clin Dermatol 2013; online 27. April

Gutzmer, Ralf, Wollenberg, Andreas et. al. :Kutane Nebenwirkungen von neuen medikamentösen Tumortherapien: Klinik und Management, Dtsch Arztebl Int 2012; 109(8): 133-40; DOI: 10.3238/arztebl.2012.0133