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Brusterhaltende OP - Oft sind Zweitoperationen erforderlich
1. Dezember 2014
Frauen, die an Brustkrebs erkranken, werden heute in den meisten Fällen brusterhaltend operiert. Allerdings müssen viele nach dem ersten Eingriff nochmals unters Messer, weil sich in den Schnitträndern noch Tumorzellen befinden. Jede vierte Frau, so die Ergebnisse einer Auswertung des nationalen Krebsregisters in den USA, muss nach einer brusterhaltenden Erstoperation nochmals nachoperiert werden. Besonders hoch ist die Nachoperationsrate bei Patientinnen, die jünger als 30 Jahre sind oder deren Tumor einen Durchmesser von mehr als fünf Zentimetern ausweist. In diesen beiden Gruppen war sogar bei 40 bzw. 50 Prozent ein weiterer Eingriff erforderlich.
Die amerikanische Studiengruppe unter der Leitung von Prof. Lee G. Wilke von der Universität Wisconsin in Madison hatte die Daten des amerikanischen Krebsregisters aus den Jahren 2004 bis 2010 untersucht. Ausgewertet wurden die Daten von insgesamt 316.114 Brustkrebspatientinnen, die während dieser Zeit wegen eines DCIS oder eines invasiven Mammatumors (Stadium I oder II) einseitig brusterhaltend operiert worden waren.
Die Mehrzahl der Frauen (insgesamt 92 Prozent) hatte nach der ersten OP tumorfreie Schnittränder. Dennoch wurden 74.517 Frauen (23,6 Prozent) während der folgenden sechs Jahre nochmals nachoperiert. 28.267 Patientinnen (37,9 Prozent) wurde die Brust komplett entfernt, bei den übrigen 62,1 Prozent wurde nochmals nachgeschnitten. Während des Beoachtungszeitraums von 2004 bis 2010 ging die Zahl der Zweiteingriffe insgesamt leicht zurück: bei den DCIS von 25,9 Prozent auf 23,4 Prozent, bei den invasiven Tumoren von 25,3 Prozent auf 22,5 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil der Nachresektionen von 60,4 Prozent im Jahr 2004 auf 63,7 Prozent im Jahr 2010.
Die Wissenschaftler stellen ferner fest: Vor allem jüngere Patientinnen werden häufiger ein zweites Mal operiert. Je jünger die erkrankten Frauen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ein weiteres Mal operiert werden müssen. Bei Frauen unter 30 lag die maximale Nachoperationsrate bei 38,5 Prozent, von den Patientinnen, die älter als 80 waren, mussten sich nur 16,5 Prozent einem weiteren Eingriff unterziehen. Zudem stieg das Zwei-Operationsgrisiko mit der Tumorgröße an. War der Tumor kleiner als 1,5 Zentimeter, mussten nur bei 28,5 Prozent der Patientinnen nachgeschnitten werdne. Bei Tumoren mit einer Größe von mehr als 5 Zentimetern war dies bei 48,2 Prozent der Fall.
Und auch der histologische Subtyp hat Einfluss auf die Reoperationsrate: Bei Milchgangstumoren (invasive duktale Karzinome) musste deutlich seltener als bei Läppchentumoren (lobluläre Tumore) nachgeschnitten werden. Frauen mit lobulärem Brustkrebs waren mit 30,8 Prozent am häufigsten von einer Nachoperation betroffen.
Weitere Einflußfaktoren sind ein positiver Östrogenstatus, Lymphknotenbefall und ein höheres Tumorstadium. Außerdem wurden Patientinnen, die an einer Universitätsklinik behandelt worden waren, häufiger nachoperiert.
Worauf ist die hohe Zahl an Nochoperationen zurückzuführen? Nach Einschätzung von Studienleiterin Prof. Wilke liegt die Ursache vor allem in den unterschiedlichen Interpretationen des negativen – also tumorfreien – Schnittrandes bei den Onkologen. Es gebe nämlich bis dato keine verlässlichen klinischen Studien, die die Frage beantworten, welcher Abstand zum gesunden Gewebe mit der niedrigsten Rückfallrate verbunden ist. Vergleichende Arbeiten haben, so Prof. Wilke, aber gezeigt, dass eine Vergrößerung des Sicherheitsabstands dann keinen Einfluss auf die Rezidivrate hat, wenn der Rand Schnittrand im Mikroskop des Pathologen keine Tumorzellen mehr aufweist-
Zwei amerikanischen Fachgesellschaften, die Society of Surgical Oncology und die American Society for Radiation Oncology haben deshalb bereits eine Konsensus-Empfehlung herausgegeben, wonach es für Brusttumoren der Stadien I und II ausreicht, wenn am Schnittrand –auch dann, wenn er sehr knapp ist – keine Tumorzellen mehr nachweisbar sind. Bei duktalen In-situ-Karzinomen (DCIS) rät die Konsensus-Empfehlung zu einem mindestens zwei Zentimeter breiten tumorzellenfreien Schnittrand.
Die Verfasser der Konsensusempfehlungen wünschen sich einen schnellen Eingang ihrer Ratschläge in die klinische Praxis. „Wir hoffen, dass diese Empfehlungen rasch umgesetzt werden“, formulieren Julie A. Margenthaler (St Louis/Missouri) und Aislinn Vaughan (St Charles/ Missouri) in einem begleitenden Kommentar. Denn das Vermeiden unnötiger Operationen hilft nicht nur den betroffenen Frauen, denen ein Zweiteingriff erspart bleibt und die dann schneller mit der weiteren Therapie beginnen können, sondern senkt auch die Behandlungskosten insgesamt. (akk)
Literatur: Wilke LG et al. : Repeat Surgery After Breast Conservation for the Treatment of Stage 0 to II Breast Carcinoma –A Report From the National Cancer Data Base, 2004-2010. JAMA Surg. 2014; online 12. November. doi: 10.1001/jamasurg.2014.926.