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10 Jahre Hormontherapie, weniger Neuerkrankungen in der anderen Brust
26. Juni 2016
Bei Frauen, die nach den Wechseljahren an hormonrezeptor-positivem Brustkrebs erkranken, erhöht sich durch eine Verlängerung der antihormonellen Behandlung von fünf auf zehn Jahre die krankheitsfreie Zeit. Das zeigen die Ergebnisse einer amerikanischen Studie heraus, die kürzlich auf dem Jahreskongress der American Society of Cancer (ASCO) in Chicago vorgestellt wurden.
Die amerikanischen Wissenschaftler unter Leitung von Dr. Paul Goss vom Massachusetts General Hospital in Boston hatten insgesamt 1959 Brustkrebs-patientinnen untersucht. Alle Frauen hatten nach einer fünfjährigen Behandlung mit Tamoxifen eine 4,5 bis sechsjährigen Anschlussbehandlung mit einem Aromatasehemmer erhalten. Die Forscher teilten die Patientinnen anschließend im Rahmen der Studie MA.17R nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein: Die Patientinnen in einem Studienarm wurden bis zum Studienendpunkt (Eintritt eines Rezidivs oder einer Neuerkrankung) mit dem Aromatasehemmer Letrozol weiterbehandelt, die anderen erhielten ein Placebo.
Im Letrozol-Arm trat innerhalb von fünf Jahren bei 67 von 959 Patientinnen ein Rezidiv auf. Dagegen kam es im Placeboarm im gleichen Zeitraum zu 98 Neuerkrankungen bei der gleichen Patientenzahl. Das krankheitsfreie Überleben betrug in der Placebo-Gruppe 91 Prozent, bei den Frauen unter Letrozoltherapie 95 Prozent. (Dieser Unterschied ist nach Auskunft von Studienleiter Dr. Goss mit einer Hazard Ratio von 0,66 die bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,48 bis 0,91 statistisch signifikant.)
Die amerikanischen Forscher führen die verringerte Neuerkrankungsrate unter verlängerter Therapie mit einem Aromatasehemmer vor allem darauf zurück, dass sich so Neuerkrankungen auf der anderen, gesunden Brustseite vermeiden lassen. Denn unter der Letrozolbehandlung wurden Krebserkrankungen in der anderen Brust nur bei 13 Patientinnen festgestellt. Unter Placebo-Therapie traten bei 31 Frauen Neuerkrankungen in der gesunden zweiten Brust auf. Die verlängerte Behandlung mit dem Aromatasehemmer wirkte damit vor allem als „krebsvorbeugend“ (Chemoprävention), konnte aber als Rezidivprophylaxe nicht überzeugen. Inwieweit es sinnvoll ist, einer Zweiterkrankung in der anderen Brust durch Gabe eines Aromatasehemmers vorzubeugen, hängt vor allem davon ab, ob sich die Überlebenschancen für die Patientin dadurch verbessern. In der MA.17R Studie konnte ein solcher Effekt nicht nachgewiesen werden. Denn in beiden Studienarmen verstarben 100 Patientinnen.
Die amerikanischen Krebsforscher geben im Hinblick auf die Vorteile einer Chemoprävention auch zu bedenken, dass die Behandlung mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden ist. Durch die Verlängerung der Hormontherapie kommt es nämlich zu beschleunigtem Knochenabbau (Osteoporose) und damit einhergehend zu einer erhöhten Anzahl von Knochenbrüchen. Herzerkrankungen nehmen allerdings bei einer verlängerten Therapie nicht zu.
In Deutschland ist die Dauer der antihormonellen Therapie bei Frauen nach den Wechseljahren ohnehin in der Regel auf fünf Jahre beschränkt. Die Behandlung erfolgt mit Tamoxifen oder einem Aromatasehemmer. Meist beginnt die Behandlung mit Tamoxifen, später erfolgt dann der Umstieg (Switch) auf einen Aromatasehemmer. In diesen Fällen kann die Behandlung auf zehn Jahre verlängert werden. (akk)
Literatur: Paul E. Goss et al.: Extending Aromatase-Inhibitor Adjuvant Therapy to 10 Years, New England Journal of Medicine, June 5, 2016DOI: 10.1056