Brustrekonstruktion

Brustaufbau – sofort oder später?

Die Diagnose „Brustkrebs“ bedeutet heute nicht mehr gleichzeitig: Die Brust muss abgenommen werden! Denn in 85 Prozent aller Fälle kann brusterhaltend operiert werden. Dennoch müssen sich in Deutschland jährlich 15.000 Brustkrebspatientinnen einer Amputation unterziehen – eine im wahrsten Sinne des Wortes „einschneidende Erfahrung“, oft verbunden mit der Angst vor dem Verlust der weiblichen Identität und dem Selbstwertgefühl als Frau. Auch Frauen, die brusterhaltend operiert wurden, sind oft mit dem veränderten Körperbild nicht zufrieden, weil z.B. die Brüste nach der Tumorentfernung unterschiedlich groß sind.  Manchmal mussten - trotz brusterhaltender Operation  - auch größere Teile der Brust entfernt werden. Auch hier entscheiden sich viele Betroffene für den Wiederaufbau der Brust. 

Inzwischen gibt es unterschiedliche Verfahren für den Wiederaufbau und die Rekonstruktion von  Brust und Brustgewebe. Man verwendet entweder Implantate aus Silikon oder auch körpereigenes Gewebe z.B. Haut – und Fettgewebe, das entweder am Bauch, Rücken oder Po entnommen wird. Die kosmetischen Ergebnisse haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Sie sollten aber wissen:  Eine rekonstruierte Brust sieht niemals genauso aus wie eine „echte“ und sie wird sich auch nicht so anfühlen. Dennoch: Viele Frauen, die sich für einen Wiederaufbau entscheiden, sind später überrascht, wie gut das kosmetische Ergebnis ist und wie sehr die „neue Brust“ der natürlichen ähnelt.

Bevor Sie sich für einen Wiederaufbau der Brust entscheiden, sind zwei wichtige Fragen zu klären:

  • Wann soll die Brust wiederaufgebaut werden – sofort oder später?
  • Welche Methode ist die richtige für Sie.

Beim Zeitpunkt für die Brustrekonstruktion unterscheidet man zwischen Sofortrekonstruktion und späterem Wiederaufbau der Brust.

Der Vorteil der Sofortkonstruktion:  Eine zweite Operation mit erneuter Narkosebelastung ist nicht erforderlich, die Brust wird entfernt (Mastektomie) und unmittelbar danach sofort wieder aufgebaut. Der Operateur kann zudem bei der Brustentfernung die Schnittführung so anlegen, dass Haut gespart wird (skin sparing mastektomy) und ein optimaler Wiederaufbau der Brust – entweder mit einem Implantat oder mit Eigengewebe möglich ist. Hinzu kommt ein wichtiger psychologischer Effekt:  Sie erleben kein Amputationsgefühl, weil an die Stelle der erkrankten Brust sofort ein „Brustersatz“ getreten ist.

Allerdings gibt es auch Nachteile: Auch dann, wenn bei einer Frau die Brust abgenommen wurde, ist in 50 Prozent aller Fälle eine anschließende Strahlentherapie notwendig. Diese kann das kosmetische Ergebnis der Brustrekonstruktion beeinträchtigen, so dass nachoperiert werden muss.

Deshalb empfehlen viele Ärzte häufig  Wiederaufbau der Brust in einer zweiten, von der Brustentfernung unabhängigen Operation nach dem Abschluss von Strahlen- und Chemotherapie.

Die amputierte Brust oder größere Gewebedefekte lassen sich heute mit Implantaten – meist aus Silikon – , körpereigenem Gewebe oder auch einer Kombination aus Eigengewebe und Fremdmaterial rekonstruieren. Als Eigengewebe werden Haut-, Fett- und Muskelgewebe aus anderen Körperpartien (Rücken, Bauch, Po) entnommen und verschoben oder verpflanzt (Diep Flap, Latissimus dorsi, Lipofilling). Hierbei handelt es sich im allgemeinen um größere Eingriffe, die in die Hand eines plastischen Chirurgen und eines ausgebildeten OP-Teams gehören.

Bei einer Implantatrekonstruktion – die Prothesen bestehen aus einer Kunststoffhülle, die zumeist mit Silikongel gefüllt ist – wird das Implantat dann, wenn bei der Brustabnahme ein genügend großer Hautmantel erhalten werden kann, sofort in diesen eingeschoben. Um das Implantat abzustützen, werden inzwischen auch Netze aus Schweinehaut (Strattice) oder menschlicher Haut (Alloderm) verwendet, die ein späteres Verrutschen verhindern und eine der häufigsten Nebenwirkungen der Implantatrekonstruktion – die Kapselfibrose – vermeiden sollen.

Kann bei der Brustentfernung kein ausreichend großer Hautmantel erhalten bleiben, legt der Operateur zunächst einen Kunststoffbeutel, einen sogenannten Expander unter den Brustmuskel. Um die Haut für die Aufnahme des Implantates zu dehnen, wird dieser in den folgenden Wochen nach und nach mit Flüssigkeit gefüllt. Später wird der Expander dann entfernt und durch das eigentliche Implantat ersetzt.

Auch die Brustwarze lässt sich heute durch eine Hauttransplantation rekonstruieren. Häufig wird dafür ein Teil der Brustwarze aus der gesunden Brust verwendet.  Der Warzenhof wird anschließend durch eine Tätowierung kosmetisch nachgezeichnet.

Damit beide Brüste später ähnlich aussehen, ist es manchmal erforderlich, die gesunde Brust der rekonstruierten in Größe und Form anzugleichen. Dabei werden oft  in einer erneuten Operation große und hängende Brüste verkleinert und gestrafft, um den Unterschied zur neuen Brust zu minimieren.

Ob Sie die Brust überhaupt wiederaufbauen lassen wollen, wann für Sie richtige Zeitpunkt dafür ist und welches Verfahren in Ihrem individuellen Fall geeignet ist, sollten Sie mit dem plastischen Chirurgen Ihres Brustzentrums besprechen. Denn bei dieser Entscheidung sind viele Faktoren zu berücksichtigen: Das geplante Therapiekonzept, Ihr Gesundheitszustand, Größe und Form der Brust und Ihre persönlichen Wünsche und Ansprüche im Hinblick auf das Operationsergebnis.

Wichtig zu wissen: Sie können bei der Entscheidung ob jetzt oder später eigentlich nichts verpassen. Die Zeit drängt nicht – auch Monate oder Jahre nach der Operation kann man noch vieles machen. (akk)