Tumoreigenschaften

Die biologische „Visitenkarte“ des Tumors

Das herausoperierte Tumorgewebe wird nach der Operation nicht einfach entsorgt, sondern eingehend untersucht, um die Eigenschaften des Tumors zu bestimmen und das weitere therapeutische Vorgehen passgenau festzulegen.

Der Tumor wird zunächst nach bestimmten Kriterien einem bestimmten Erkran-kungsstadium zugeordnet.  Grundlage dafür ist das sogenannte TNM-Schema. Das T steht für Tumorgröße, das N (Node) für den Lymphknotenbefall und das M für Metastasierung.

  • Tis  = In-Situ-Karzinom (Vorstufe)
  • T1a = Tumor bis 0,5 cm
  • T1b = Tumor 0,5-1 cm
  • T1c = Tumor 1-2 cm
  • T2 = Tumor 2-5 cm
  • T3 = Tumor größer 5 cm
  • T4 = Infiltration von Haut oder Brustwand (d. h. Rippen, Muskulatur zwischen den Rippen) oder „inflammatorisches Karzinom“ (entzündungsähnliche Ausbreitung)
  • N0 = Lymphknoten tumorfrei
  • N1 = Verschiebliche einzelne Lymphknoten in der Achselhöhle
  • N2 = Untereinander oder mit anderen Strukturen fixierte Lymphknoten in der gleichseitigen Achselhöhle
  • N3 = Lymphknotenbefall entlang einer hinter dem Brustbein verlaufenden, mittig gelegenen Arterie
  • M0 = keine Metastasen
  • M1 = Nachweis von Metastasen

Der Pathologe beurteilt bei der feingeweblichen Untersuchung auch die Wach-stumsgeschwindigkeit des Tumors. Das sogenannte Grading (G) bewertet den Differenzierungsgrad des Tumors und die Zellteilungsrate

  • G1 = gut differenziert, langsam wachsend
  • G2 = mittelgradig differenziert
  • G3 = schlecht differenziert, rasch wachsend

Das Ki67-Antigen zeigt die Zellteilungsfreudigkeit eines Tumors an. Zur Bestimmung färbt der Pathologe das Gewebe ein und kann so die Zellen im Gewebe erkennen, die sich vermehren (sogenannte Wachstumsfraktion).  Die spezielle Färbung zeigt, wie schnell der Tumor wächst und ist auch bei der Beurteilung  der Bös- oder Gutartigkeit eines Tumors wichtig.

Mit weiteren Verfahren kann der Pathologe feststellen:

  • wie groß die Rückfallgefahr ist (sogenannte Genexpressionsanalysen)
  • ob es Andockstellen für eine zielgerichtete medikamentöse Behandlung gibt  (Antihormontherapie, Antikörper, Signalhemmer)
  • ob eine Chemotherapie in diesem Fall sinnvoll und erfolgversprechend ist

Hormonrezeptoren

Als Hormonrezeptoren bezeichnet man die Empfangsantennen von Zellen, an die Hormone andocken und ihre Botschaft an die Zelle weitergeben können. Brustkrebszellen verfügen häufig über Antennen für die weiblichen Geschlechts-hormone Östrogen und Progesteron. Beide Hormone wirken in der Zelle wie Wachstumsbeschleuniger. Verfügt ein Brusttumor über viele Hormonrezeptoren (Forscher in den USA haben jetzt auch einen Tumortyp entdeckt, der viele Rezeptoren des männlichen Geschlechtshormons Androgen aufweist), ist dies ein Hinweis für eine Empfindlichkeit der Tumorzellen für eine antihormonelle (endokrine) Therapie (siehe Endokrine Therapie).

Her2/neu

Her2/neu ist der Name eines Eiweißes (Protein), das zur Familie der so-genannten Wachstumsfaktor-Rezeptoren (epidermal growth factor receptor) gehört. Dieses Molekül befindet sich an der Oberfläche von „normalen“ Zellen der Brustdrüse, aber auch an der Oberfläche von Krebszellen. Das Protein spielt eine Rolle beim Wachstum und der Ausreifung von Körperzellen und reguliert – auch an der Brustdrüse- die normale Entwicklung der Zellen. Auch das Wachs-tum von Brustkrebszellen wird vom Her2/neu Molekül gesteuert. Im Vergleich zu normalen Zellen kann die Anzahl dieser Wachstumsrezeptoren bei Krebszellen um das zehn- bis hundertfache höher sein. Die Medizin spricht dann von einer Her2-Überexpression. Diese ist häufig mit einer gesteigerten Zahl von Her2-Genkopien im Zellkern verbunden (Genamplifikation).

Der Pathologe kann die Zahl der Her2/neu Rezeptoren im Labor auf unter-schiedliche Art und Weise bestimmen: Mit Hilfe einer immunhistochemischen Testung (der Gewebeschnitt wird dabei mit einem Antikörper beschichtet, auf den das Her2/neu Protein dann mit einer Immunantwort reagiert, die sich durch eine Anfärbung des Präparats sichtbar machen lässt. Andere Labors führen auch molekularbiologische Testungen durch, um die Ergebnisse noch weiter abzusichern.

Das Ergebnis zeigt dann, wie viele Rezeptoren an der Zelloberfläche nachgewiesen können. Die Skala reicht von:

0 = negativ, keine Überexpression

1+ = schwache Reaktion, keine Überexpression

2+ = mäßig starke Reaktion, schwache Überexpression

3+ = starke Reaktion, starke Überexpression

Das Her2/neu Protein ist spielt heute bei der Therapieplanung bei Brustkrebs eine sehr wichtige Rolle. Bei etwa 20 Prozent der Frauen, die an Brustkrebs erkranken, weist der Tumor eine Her2/neu Überexpression auf.  Wird eine solche Überexpression festgestellt, bezeichnet man den Tumor als „HER2-positiv“ bezeichnet. Frauen, der Tumor HER2/neu positiv ist, profitieren von einer Antikörpertherapie mit Trastuzumab oder Laptinib, die die Her2/neu-Rezeptoren von außen blockiert oder von innen aushungert.

Prognosefaktor Proteasen: UPA + Pai1

Auch andere Proteine (Eiweißstoffe) spielen nach neueren Forschungen für die Einschätzung des weiteren Krankheitsverlaufs eine Rolle. Dies sind insbesondere auch die sogenannten Proteasen – das ist die medizinische Bezeichnung für Enzyme, die dazu in der Lage sind, andere Eiweißstoffe (Enzyme, Polypetide, Proteine) zu spalten und abzubauen.

Durch einen speziellen Test (uPA/PAI-1-Test) lässt sich ermitteln, wie groß der Anteil der Proteasen  im Tumorgewebe ist.  uPA ist der Name des Eiweißes "Urokinase-Typ Plasmogen Aktivator", PAI-1 ist dessen Gegenspieler und heißt "Plasminogen Aktivator Inhibitor 1". Beide Proteine beeinflussen die Fähigkeit eines Tumors, zu wachsen und Metastasen in anderen Organen zu bilden.

Hohe Proteasenanteile zeigen, dass der Brustkrebs sehr aggressiv ist. Findet sich in einem Gewebe ein hoher Anteil dieser Proteasen, so liegt ein aggressiver Tumor mit hohem Rückfallrisiko vor. Wenn der Tumor nur eine geringe Anzahl von Proteasen auf, ist die Prognose für die Patientin günstiger. (akk)